Karriere im Mittelstand: Spagat zwischen Hard Facts und Soft Skills
„Mittelständler lernen von den führenden Unternehmen der Digital Industries, den frechen Geist der Originalität noch klarer als neue Kernkompetenz zu werten.“ Antwortet Senior Coach DBVC Birgitt Morrien einer VDI-Nachrichten-Redakteurin*, die wissen will, wie Talentmanagement im Mittelstand abläuft, welche Rolle interne Rekrutierung spielt und wie gut Unternehmen darin sind, Talente in den eigenen Reihen zu erkennen.
* Wie wichtig sind noch die Hard Facts (Lebenslauf) im Gegensatz zu Soft Facts (Cultural Fit)? Hat sich da etwas verändert in letzter Zeit?
Der Trend geht m. E. deutlich dahin, Lebenslauf UND Soft Facts integriert zu berücksichtigen. Es gibt inzwischen mehr Toleranz gegenüber sogenannten Brüchen im Lebenslauf. Diese werden verstärkt als „Salz in der Suppe“ gesehen. Verstehen betroffene Bewerber*innen solche Einschnitte gut zu argumentieren, kann dies sogar als Plus gewertet werden. So ist etwa der viel gelobte Spirit of Diversity ohne die Erfahrung von Differenz am eigenen Leib kaum glaubwürdig. Wer jedoch selbst einmal die Erfahrung von Ausgrenzung gemacht hat, ist für die Vielfalt von Diskriminierungsmöglichkeiten sensibler, sei es aus kulturellen oder ethnischen Gründen, sei es wegen der Geschlechtszugehörigkeit oder aus Gründen der sexuellen Orientierung bzw. Identität.
* Gibt es verstärkte Bemühungen vonseiten der Unternehmen, den Mitarbeitererwartungen von Anfang an gerecht zu werden? Wird versucht, mehr Glaubwürdigkeit zu vermitteln?
Mittelständler sind mehr denn je gezwungen, sich einem grundlegenden Wandel anzupassen, der die Erwartungen der nachrückenden Generationen ausmacht: mehr Zeit, mehr Flexibilität, mehr Sinn und Raum für selbstbestimmtes Handeln. Schaffen Unternehmen es, eine Haltung zu kommunizieren, die sich diesen Erwartungen nähert, steigt ihr Ansehen bei den Generationen X, Y und Z deutlich. Um diese Akzeptanz zu erreichen, orientieren sich inzwischen auch KMU verstärkt insbesondere an den HR-Trends in den begehrten Unternehmen der Digital Industries.
Das heißt, man lernt von diesen, den frechen Geist der Originalität noch klarer als neue Kernkompetenz zu werten, ohne die der viel beschworene innovative Umgang mit den Tücken des digitalen Wandels nicht gemeistert werden kann. Der Coaching-Kongress 2016 zum Beispiel hat gezeigt, dass neue Trends in der Persönlichkeitsentwicklung wegweisende Tools wie das auf die Generation X,Y & Z abzielende Personality Unplugged* (pdf) nutzen, um etwa durch radikal künstlerisch inspirierte Performance den Horizont zu weiten für bahnbrechende Denkbewegungen und Handlungsoptionen. Ein Coaching, das helfen will, auf das unvorhersehbar Zukünftige vorzubereiten, muss selbst zutiefst überraschend wirken.
* Wie weit verbreitet sind Bemühungen der Unternehmen, mit Mitarbeitern im Dialog zu bleiben, ggf. sich verändernde Rahmenbedingungen beim Mitarbeiter abzuklären, um Enttäuschung und Abwandern zu vermeiden?
Hier gibt es zwar zunehmend Absichtsbekundungen, aber da geht noch was: Allzu tradiert sind historisch gewachsene Top-down-Routinen, die zu transformieren zwar mehr und mehr Befürworter*innen findet, aber ebenso auf unverändert viele Widerständige trifft. Gerade auch erfolgreiche KMU verhalten sich vielfach wie Dinosaurier, was die Anpassung an zukunftsweisende Veränderungen anbelangt, insbesondere mit Blick auf mehr praktische Würdigung und Wertschätzung der zukünftig maßgeblich ausschlaggebenden Soft Skills: Intelligenz – Imagination – Intuition – Inspiration. Der Umgang mit diesen Ressourcen entscheidet über die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit der Unternehmen.
* Welche Rolle spielt dabei eine Software-gestützte Vorgehensweise?
Zwar können Software-basierte HR-Prozesse eine Haltungsänderung in der genannten Richtung unterstützen; initiieren und durchtragen jedoch kann dies nur eine Führung, die selbst den Geist der Originalität vorlebt. Langweiler werden die nachrückenden Generationen nicht abholen können. Eher Visionäre mit Sachverstand, die gelernt haben, sich mit Mut auch den Unwägbarkeiten des (wirtschaftlichen) Lebens zu stellen. Risikogeist gewürzt mit einer ordentlichen Portion Demut – das ist die Grundlage der Glaubwürdigkeit.
*Sabine Hense-Ferch
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K o n t a k t :
COP – Coaching, Organisation & PR
Dipl. rer. com. Birgitt E. Morrien, M.Sc./USA
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